Konzeptvorschlag:
Schulnetz des VHS-Hauses
Düsseldorf - Franklinstraße

1. Vorwort

Wir wollen, dass die vielen Computer im Netz identische Software und Einstellungen haben und sich entsprechend immer identisch verhalten. Warum ist das so schwer zu erreichen ? Warum muss bei jedem Rechner die gesamte Software auf einer eigenen Festplatte installiert und gewartet werden ?

Können wir nicht besser eine einzige zentrale Softwareinstallation vornehmen, die jeder Rechner beim Start per Netzwerk lädt ?

Wir können ! Aber warum nicht schon lange ?

Seit mehr als 10 Jahren werden die meisten PCs und LAN-Adapter von den Herstellern mit der Fähigkeit ausgestattet, ihr Betriebssystem (statt von Festplatte oder CD) via Netzwerk von einem Bootserver zu laden (nach der PXE-UNDI Spezifikation von Intel und Systemsoft).

Bislang haben wir die Betriebssystem Suse-LINUX und Windows 2000 benutzt. Letzteres – wie auch neuere Versionen der Firma Microsoft - ist leider darauf angewiesen, dass auch in Netzwerken in jedem einzelnen Rechner ein eigenes Betriebssystem (und damit eine kostenpflichtige Lizenz) dauerhaft auf dessen Festplatte installiert ist.

So kommen wir also nicht weiter. Selbst wenn das Betriebssystem auf jedem Rechner zunächst „sauber“ installiert ist, beginnen die User, dort Einstellungen zu verändern, Dateien und (auch unbeabsichtigt) fragwürdige Inhalte abzulegen usw. - wie sie es vom privaten PC gewöhnt sind. Nach kurzer Zeit sind aus 40 gleichen PCs Individuen geworden, die im Unterricht für jede Überraschung gut sind und ordnungsliebenden Technikern und Administratoren Arbeitsplatz und Überstunden bescheren.

Freie Betriebssysteme wie GNU/Linux, BSD u.a. bringen von Haus aus Remote-Boot Fähigkeiten (Laden des Betriebssystems von einem Netzwerkserver) mit. Linux Live-CDs, die ohne Installation auf Festplatte eine reichhaltige Auswahl an Standardanwendungen (OpenOffice, Mozilla, u.a.) beinhalten, sind durch die Arbeit von Klaus Knopper („KNOPPIX“) seit vielen Jahren populär. Microsoft empfiehlt für lokal vernetzte Rechner Windows 2003 Server und Thin-Clients.

Diese Möglichkeiten gilt es für unsere Zwecke zu kombinieren.

Dieser Konzeptvorschlag soll den Weg dorthin und das bisher im VHS-Haus praktisch Erprobte aufzeigen.


Andreas Sprenger
Mai 2006


2. Schema des Schulnetzwerks




3. Schulnetzwerk aus Benutzersicht
    (Unterrichtsräume, Teilnehmer und Dozent)


Nach dem Einschalten der (Client-)Rechner (R302,303,310) werden das Betriebssystem und die Anwendungen vom Bootserver geladen. Eine Benutzeranmeldung gibt es nicht. Die grafische Benutzeroberfläche ist KDE. Oberfläche und Programmsortiment entstammen einer auf VHS-Belange angepassten LINUX Live-CD. Programme (wie z.B. Textverarbeitung, Browser ) werden zwar (unbemerkt) immer vom Bootserver geladen, jedoch von der CPU des Client-PC und in dessen Arbeitsspeicher ausgeführt. Dadurch führt eine höhere Teilnehmerzahl kaum zu Leistungseinbußen. Alle wichtigen Internet-Dienste (http, ftp, irc ...) stehen zur Verfügung. Damit ist auch der volle Zugriff auf Web-Standardkonforme Lernplattformen (ILIAS, LO-NET, MOODLE) gegeben. Ausschließlich der im jeweiligen Unterrichtsraum befindliche Drucker ist dem Rechner automatisch zugeordnet. Verzeichnisse und Dateien können auf dem Rechner lokal erstellt werden. Ebenfalls uneingeschränkt sind Einstellungen der Oberfläche (Schrift, Farben, Hintergrundbilder etc.). Lokale Daten und Einstellungen sind jedoch „flüchtig“ und nach einem Neustart des Rechners verschwunden.

3.2. Dauerhafte Speicherung

Über den Befehl vhs-kurslogin erhalten Dozent und Teilnehmer Schreib- und Lesezugriff auf das gewählte Kursverzeichnis auf dem Fileserver (z.b. FA4INF), in welchem auch persönliche (Unter-)verzeichnisse angelegt werden können. Auch hier erfolgt keine personenbezogene Anmeldung, es reicht die Angabe des Kursnamens. Die Sicherung der Daten des Kursverzeichnisses (z.B. USB-Stick) obliegt ggf. dem Dozenten. 

3.3. Klausurmodus

Über den Befehl vhs-klausur wird der Rechner in den Klausurmodus versetzt. Alle kritischen Kommunikationsdienste werden dadurch abgeschaltet. Gleichzeitig wird im Klausurverzeichnis des Servers ein rechnerbezogenes Verzeichnis erstellt (z.B. T125) mit Schreib- und Leserechten für genau diesen Rechner. Der Klausurmodus kann nur durch Neustart des Rechners verlassen werden. Dozenten können per Kennwort auf die Inhalte aller Klausurverzeichnisse zugreifen.

3.4. Windows-Anwendungen

Über den Befehl vhs-win erfolgt eine Anmeldung am Windows-Terminalserver. Dadurch erscheint der Windows Desktop in einem Fenster oder im Vollbildmodus.  Anmeldedaten werden nicht eingegeben, aus Windows-Sicht ist der Benutzername = Maschinenname (z.B. T125). Dort kann solche Unterrichtssoftware genutzt werden, die nicht als freie LINUX-Software zur Verfügung steht. Zugeordnete Kursverzeichnisse bleiben als „Netzlaufwerk“ erreichbar, entsprechend auch Drucker. Eine Abmeldung erfolgt per Timeout oder durch aktives Schließen der Windows-Sitzung. Ein automatisches Rücksetzen der Win-Oberfläche und Benutzerdateien in den Ausgangszustand ist vorgesehen.

3.5. Druckerverwaltung

Für die Unterrichtsräume wurden je ein Laserdrucker mit direktem Netzwerkanschluss bestellt. Diese können über eine Web-Oberfläche verwaltet werden (Sperren, Aufträge beenden, etc.).

4. Schulnetzwerk aus Administratorsicht

Ein erheblicher Vorteil der neuen Konzeption besteht in der vollständigen Fernwartungsfähigkeit sämtlicher Server via Internet/SSH oder VPN. Dennoch ist für Test- und Einrichtungszwecke vor Ort mindestens ein Admin-PC am Schulnetz vorzusehen.

4.1. Remaster-Arbeitsplatz

Die bisherigen Verfahren der Software-Administration (Einzelinstallation bzw. das Einrichten, Testen und „Clonen“ eines Referenzrechners) entfallen.

Dieses wird durch das „Remastering“ einer LIVE-CD/DVD ersetzt. Eine solche CD/DVD stellt eine exakte Vorlage für Funktionalität und Programmausstattung der Teilnehmerrechner dar. So werden auch Software-Updates der Clients außerhalb der Semesterpausen massiv erleichtert. Daneben kann sie als Boot-Medium bequem auf beliebigen anderen Rechnern (z.B. Heimrechner der Dozenten und Teilnehmer) für Übung und Vorbereitung genutzt werden, ohne eine Installation zu erfordern (aber durchaus zu ermöglichen).

Ein durchschnittlich ausgestatteter PC (ab 1,5 GHz, 512 MB, DVD-Brenner, 40 GB HDD, ggf. Notebook) mit lokalem Anschluß am Schulnetz reicht als Remaster-PC aus.

Als Remaster-Basis wurde hier im Test die KANOTIX 2005-04 Live-CD verwendet (= Debian GNU-LINUX mit KNOPPIX-Erweiterungen und verbesserter Treibervorrat).

4.2. Pflege des Bootservers

Diese Arbeiten können sich zukünftig beschränken auf:
* Einbinden neuer Boot-DVD
* Pflege der Maschinenadresse/Raum-/Druckerzuordnung
* Pflege von Start- und Utilityskripten (z.B. Backups)

4.3. Pflege des File- und Webservers

Die genutzten Pakete XAMPP (MySQL, APACHE Web Server, FTP-Server) sowie SAMBA (Dateifreigabe) sind kaum wartungsbedürftig. Allerdings besteht hier ein großes Potential zur Errichtung neuer Unterrichts- und Kommunikationsmedien (z.B. Wiki, Arbeitsblattsammlungen, interne Formulare, Lernplattform, etc.) zumal die Erreichbarkeit via Internet gegeben ist. Die Verwaltungsaufgaben hängen also von zukünftigen Nutzungsarten ab.

4.4. Pflege des Win 2003 Terminalservers

Es ist damit zu rechnen, dass 90% des gesamten Unterrichtsvolumens mit der vorgesehenen freien Unterrichtssoftware aus dem Boot-Image (OpenOffice, Mozilla/Firefox, Bildbearbeitung, Programmierung, Mathematik) abgedeckt werden kann. Daher ist mit einer überschaubaren Anzahl von zu wartenden Windows-Softwarepaketen zu rechnen - ebenso mit begrenzter Anzahl gleichzeitig aktiver Nutzer. Für den Terminalserver ist die statische Anlage von Benutzern (=PC-Nr.) ausreichend. Druckereinrichtungen und Laufwerksfreigaben werden hier nicht benötigt, da diese aus der LINUX-Umgebung der Clients „vererbt“ werden.

4.4. Anpassung an Hardware der Client-PCs

Im Boot-Vorgang der LIVE-CD (quasi identisch mit Boot per Netzwerk) ist eine zuverlässige Hardwareerkennung enthalten, die das Laden der korrekten Linux-Treiber für nahezu alle handelsüblichen Grafikkarten, Speichermedien, Sound-Karten, Eingabegeräte u.v.a.m bewirkt. Der Ersatz einzelner Clients durch andere Hardware stellt daher voraussichtlich kaum ein Problem dar. Lediglich der Vorrat an ladbaren LAN-Treibern wurde aus Laufzeitgründen auf dem Boot-Server begrenzt.  Seltenere Netzwerkkarten könnten hier einmalige Admin-Eingriffe erfordern.

4.5. Anschluss neuer Client-PC's

Für die Aufnahme eines neuen (oder gebrauchten) Rechners als Boot-fähiger Client sind erforderlich:

* Aktivierung LAN-Boot im BIOS-Setup
* Eintragen der IP- und MAC-Adresse in der dhcp- und hosts-Konfiguration
   des Boot-Servers
* Starten
* ggf. Anlegen einer SWAP-Partition auf der Festplatte


5. Weitere Rechner am Schulnetz

5.1. Dozentenraum, Büroräume, EG/Keller

An das Schulnetz können weitere Dozentenarbeitsplätze angeschlossen werden und dadurch die Ressourcen des Schulnetzes (Internet-Zugang, Fileserver, etc.) nutzen. Diese Rechner können eigene (Betriebs-)software einsetzen oder die Netzwerk-Boot Methode verwenden.

5.2. „Web-Cafe“

Die Konzeption lässt den risikolosen Betrieb von unbeaufsichtigten Teilnehmerrechnern am Schulnetz zu, sofern diese ebenso angebunden werden, wie die Rechner in den Unterrichtsräumen. Einzig die Funktionen kursloginwin und klausur sind dort zu deaktivieren.

6. Testergebnisse

Ohne die vorhandene Installation zu beeinträchtigen, konnte die neue Konzeption (Boot-Servermethode) im Informatikkurs FA4 ein Semester lang im praktischen Einsatz einschl. Lernplattform ILIAS erprobt werden (bislang ohne Klausurmodus und Win-TS).

Geschwindigkeit und Stabilität der Teilnehmerrechner (bei bis zu 15 Nutzern) waren sehr zufriedenstellend. Die zuverlässige Einheitlichkeit der Systeme ermöglichte besonders konzentrierte und entspannte Unterrichtsdurchführung.
Die Datenspeicherung erfolgte per ILIAS bzw. auf dem FTP-/Fileserver. Auch dabei gab es keine Schwierigkeiten - weder hinsichtlich der Technik noch bei der Akzeptanz durch die Teilnehmer.

Die Teilnehmer hatten recht gute Computer-Grundkenntnisse - jedoch ausschließlich mit Windows-Systemen. Die neue Linux/KDE-Oberfläche stellte kein Hindernis dar - nach einer Einweisung von ca. 15 Minuten konnten alle Teilnehmer die Grundfunktionen wie gewohnt flüssig ausführen.

6.1. Offene Fragen (Performance, Ausfallsicherheit)

Ob die Leistung von Boot-Server und Win-Terminalserver auch unter Volllast (45 Teilnehmer) als ausreichend angesehen wird, lässt sich gegenwärtig nur abschätzen. Bei Bedarf lassen sich diese Server zur Lastverteilung (und evtl. Ausfallsicherung)  mit überschauberem Aufwand "verdoppeln".

Zur Beurteilung der Ausfallsicherheit sind verschiedene Szenarien zu betrachten:
a) Ein Ausfall des Internet-Zugangs verhindert den Zugang zu externen Unterrichts-Ressourcen (Lernplattform, Wiki, etc.)
b) Bei Totalausfall des internen Netzwerkes (LAN) können die Clients regulär gar nicht genutzt werden.
Eine Notlösung ist hier z.B. das Verteilen einer Boot-CD für jeden Client.
c) Ein Ausfall des Windows-Terminalservers entzieht ausschließlich die Nutzung von Windows-Anwendungen.
d) Ein Ausfall des File-/Web-Servers schränkt die Speichermöglichkeiten ein (nur noch externe Server/Lernplattform oder Diskette/Stick)


6.2. TODO's

Bei Annahme des Konzeptvorschlages sind folgende Arbeiten zu erledigen:

* Klärung und Zuordnung der Admin/Techniker-Aufgaben
* Installation und Einrichtung von Boot-/Terminalserver im Serverschrank (Keller)
* Vervollständigung der Client Skripte (kurslogin/klausur etc.)
* Benutzerdokumentation/Einweisung
* Umstellung der Clients auf LAN-Boot (default)
* IP-Adressregeln
* Entfernen des alten File-DNS-Servers (310)
* Einrichten der LAN-Drucker und Ausstattung R302
* Einrichtung Remaster/Admin-PC
* Verfahrensvereinfachung "neues Boot-Image" am Bootserver

Anhang:

Software-Pakete der VHS-Live-CD (vorläufige Version,  folgt !)